Gschichtla vom Hof

Hommage an meinen Schwiegervater „Richi“

Seit über 100 Jahren gibt es den landwirtschaftlichen Betrieb Loy in Aha.

Mein Schwiegervater Richard hatte noch einen Bruder, sowie zwei weitere Schwestern. Richard hatte den Hof von seinem Vater übernommen. Mit seiner Frau, meiner Schwiegermutter Annelise, hielten sie in der Nachkriegszeit Schweine, Hühner und Kühe, zusätzlich bewirtschafteten die Beiden einige Felder und Wiesen. Die Nachkriegszeit war eine schwere und zugleich eine gute Zeit. Schwer, weil der Neuaufbau, Verlust vieler Angehöriger und die Pflege der Kriegsrückkehrer sowie Altenteiler am Hofe, den Menschen viel abverlangte. Gut, weil die Hoffnung auf bessere Zeit den effizientesten Antrieb darstellte.

Richard und Annelise bekamen zwei Söhne. Michael und Andreas. Während Andreas andere Wege einschlug, machte Michael eine landwirtschaftliche Ausbildung und übernahm im „Millennium-Jahr“ 2000 den Hof im Alter von 35 Jahren. Richard hatte auf dem Hof zu diesem Zeitpunkt etwa 27 ha Land und 30 Fleckviehkühe plus weibliche Nachzucht. In den darauffolgenden Jahren hat mein Mann Michael stetig Fläche dazu gepachtet und parallel die Anzahl der Kühe gesteigert.

Ziel war es den Betrieb nach vorne zu bringen, da der Milchviehstall aus dem Jahr 1980 als „Anbinde-Stall“ nicht mehr zeitgemäß erschien. Betriebe müssen spätestens alle 20 Jahre Erweitern, Modernisieren oder Erneuern. Die Hygienefaktoren (Zwei-Faktoren-Theorie nach Herzberg) für besagte Erweiterung waren damals allerdings nicht gegeben. Flächenmangel, zu hohe Investitionskosten sowie Schwierigkeiten mit den Behörden bildeten einen steinigen Weg. Auch der Versuch eines Tierwohlstalles im Jahr 2003 scheiterte in der Endplanungsphase aufgrund einer Genehmigung des zuständigen Amtes. Eine weitere Überlegung stellte eine Erweiterung des Betriebes mit einem „Cuccetten-Stall“ dar. Ein Wagnis, welches in Frankreich und klimatisch wärmeren Ländern zu diesem Zeitpunkt weit verbreitet war. Die Klimaveränderung, wie wir sie heute mitanschauen müssen, wäre wohl rückblickend ein Argument und Pluspunkt gewesen, diesen Stall auch umzusetzen.

2011 folgte die Planung und erfolgreiche Umsetzung eines neuen Stalles, welcher unter den damaligen Kriterien auch für eine biologische Ausrichtung geeignet gewesen wäre. Trotz dieser Möglichkeit blieb es bis heut ein konventioneller Betrieb. Durch den Bau des zusätzlichen Stalles setzten wir auch in unserer Kleinstadt ein Zeichen, wodurch weitere Familienbetriebe nachzogen und modernisierten.

Heute – mehr als 10 Jahre später – kann ich voller Stolz sagen, dass unsere Fleckviehkühe unter top Bedingungen leben. Wir bieten gemütliche Liegebuchten, Sandbettwaben sowie Kalk-Stroh- Matratzen, ausgewogenes Futter und eine artgerechte Tierhaltung. Auf dem Weg zu diesem Ergebnis mussten wir uns einigen Turbulenzen stellen, viele Fehler machen, ausgiebig Kritik von Städtern einstecken und auch mit einigen politischen Entscheidungen hinsichtlich der kv. Landwirtschaft kämpfen. Trotz allen Widrigkeiten sind wir nun hier. Wir können eine sehr gute Zucht und zufriedene Tiere verzeichnen.

Jede Veränderung der letzten Jahre/Jahrzehnte wurde bis zuletzt von Richi begleitet und unterstützt. Durch seine Geduld, den Zuspruch sowie seinen Humor und seine Dankbarkeit für die simplen Dinge im Leben, wohnte uns ein ständiger Wegpfeiler eines zutiefst christlichen Lebens bei.

Richard konnte die Eröffnung und den Erfolg dieser Käseschule leider nicht mehr miterleben, aber die Tatsache, dass mein Wissen und meine Erfahrung als Bäuerin auf Erinnerungen wie dem gemeinsamen Schlepperfahren und dem Erlernen des traditionellen Melkens basieren, prägen mich bis heute in meiner Arbeit.

Danke Richard, du warst mir der Vater den ich nie hatte!

Deine Schwiegertochter Kerstin

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